Eine Reise in die schönste Zeit des Jahres.
Gleich zu Beginn stelle ich hier einmal ein Bild von einem grünenden Zweig ein, passend zur Jahreszeit. Wir befinden uns gerade im Frühling und ich möchte dich mitnehmen auf eine Reise, die diese Zeit tiefer beleuchten und verstehen lernen möchte....
Deshalb stelle ich dir vorab folgende Fragen:
Was verbindest du mit einem grünen Zweig? Welche Assoziationen kommen dir dazu? Gerne darfst du mir dazu deine Gedanken schreiben! Oder schreibe sie für dich auf und vergleiche deine Ideen mit meinen. Viel Spaß dabei!
Hier sind dann also meine Assoziationen zum Frühling.
Jetzt ist die Zeit, in der wir immer mehr feines Blattgrün an den Bäumen sehen. Auch andere Pflanzen strecken sich nun aus dem Boden und obwohl sie so feine, weiche Blätter besitzen, kommen sie mit aller Macht und Kraft aus dem Boden – oder eben aus dem Zweig, auf dem sie wachsen.
Der Frühling hat eine ganz besondere Kraft. Er bringt das Leben wieder zurück. Lange haben wir im Winter in einer gewissen Starre gelebt, uns eingerollt, warm gehalten, uns zurückgezogen. Ähnlich, wie es Pflanzen und Tiere getan haben. Es war dunkel und kalt. Trotz unseres heutigen, sehr geschäftigen Lebenswandels, merkt jeder halbwegs naturverbundene Mensch, dass es im Winter ungemütlich draußen ist und wir lange nicht alle Unternehmungen ins Freie verlegen können. Jetzt kommt der Frühling wieder, voller Aktivität und Kraft. Die längeren und etwas wärmeren Tage künden schon davon: Die Jahreszeit des Wachstums und der Entfaltung liegt in der Luft! Die Säfte in den Bäumen steigen auf, es beginnt zu grünen.
In der chinesischen Philosophie heißt es „Wie im Großen, so im Kleinen, wie oben, so unten.“ Was wir in der Natur finden, können wir auch in uns selbst wiederfinden. Auch wir erwachen zu neuem Leben, wir beginnen, uns wieder zu entfalten. Das Frühjahr ist auch für uns die Zeit des Wachstums, des Aufwachens, der Entfaltung. Wir fühlen uns wieder lebendiger, haben mehr Energie zur Verfügung, gehen mehr vor die Tür und unternehmen wieder was. Die Laune steigt, das Leben macht wieder Spaß. Wer jetzt an Frühjahrsmüdigkeit leidet, konnte sich im Winter nicht ausgiebig regenerieren, hatte viel Stress, war viel unterwegs und hat sich sehr wenig mit sich und seinen Themen auseinander gesetzt.
Übrigens durchleben wir nicht nur am Jahresanfang einen Frühling, sondern auch zu Beginn unseres Lebens. Unsere Kindheit steht für Wachstum, Entfaltung unserer Persönlichkeit, toben, laufen, schreien, sich ausprobieren, wild sein,… Das Schreien steht in der TCM für den Laut der Wandlungsphase Holz, der das Frühjahr zugeordnet wird. Unser erster Laut auf Erden ist das Schreien, wenn wir unseren ersten Atemzug tun.
Grün ist die Farbe, die nun vorherrscht, daneben die Farben der Frühblüher, die neugierig ihre Blüten in die Luft empor strecken. Jetzt wachsen auch die Pflanzen, die wir gerne mal zur Entgiftung nutzen, ganz frisch: Löwenzahn, Brennnesseln. Nicht umsonst liegt die Fastenzeit im Frühling, in der viele Menschen das Bedürfnis haben, sich zu reinigen und zu entgiften. Auf welche Weise auch immer. Es ist ein Neustart in ein neues Jahr.
Zur Entgiftung benötigen wir – nicht nur aber vor allem – unsere Leber und Gallenblase. Auch sie werden in der TCM dem Holz zugeordnet und sorgen in unserem Körper dafür, dass jedes andere Organ, seiner Funktion nachgehen kann und genügend Energie zur Verfügung hat. So, wie die Bäume und Pflanzen in der Natur für eine tiefe Verwurzelung mit einer höchstmöglichen Biegsamkeit im Wind stehen, so gehört die Flexibilität auch im Körper zu den Eigenschaften, die dieser Wandlungsphase innewohnt: Damit unsere Gelenke funktionieren können, benötigt es Sehnen und Bänder, die sie in Bewegung setzen. Ist alles – Pflanzen wie Sehnen – gut mit Wasser und Feuchtigkeit genährt, bleibt die Flexibilität erhalten.
Was den Wind angeht, gibt es im Frühjahr auch schon mal den einen oder anderen Sturm, der eben die Biegsamkeit unserer Pflanzen auf die Probe stellt. Das Gegenstück im Leben des Menschen ist der Stress, der in der TCM auch als „Wind“ bezeichnet werden kann. Manchmal kann es recht erfrischend sein, sich in den Wind zu stellen. Ist er aber zu stark oder langanhaltend, dann kann er durchaus schädigend und krankmachend sein. Es ist also wichtig, sich immer mal wieder in den Wind zu stellen, um sich selbst zu spüren, das Leben zu erfahren – aber auch zu erfühlen, wann es genug ist. Denn dann stagnieren die Energien der Leber und die Funktionen des ganzen Körpers werden in Mitleidenschaft gezogen, weil die Leber dafür da ist, Energien gleichmäßig im gesamten Körper zu verteilen.
Aber wann ist es denn gut? Wie fühlst du dich? Gestresst? Genervt? Müde oder ausgelaugt? Eingeengt? Du kannst nicht so, wie du willst? Hast du keinen Appetit? Oder zu viel? Hast du Verdauungsprobleme, Menstruationsprobleme, Kopfschmerzen, Migräne, Verspannungen, Rückenschmerzen, das Gefühl, wie ein Kloß im Hals? Bluthochdruck? Das kann alles ein Hinweis darauf sein, dass die Leber-Energien im Körper nicht fließen, wie sie sollen. Dein Körper gibt dir den Hinweis, dass du dich mal „aus dem Wind nehmen“ und dir eine Auszeit nehmen solltest.
Wusstest du eigentlich, dass die Augen die Öffnung der Leber sind? Das Wesen der Leber ist die Freundlichkeit, aber auch Frustration, Wut oder Zorn gehören zu den Emotionen, die der Leber zugeordnet sind und lassen sich hervorragend von den Augen ablesen. Aber ich gehe noch einen Schritt weiter: Jeder Mensch hat Träume, schaut gerne in die Zukunft, hat Visionen, was er mit seinem Leben anfangen möchte. Das gehört irgendwie auch zu den Augen. Im Frühjahr können wir gerne mal reflektieren, wohin uns unser Leben dieses Jahr führen sollte, was wir erreichen möchten. Warum bin ich eigentlich hier? Welche Botschaft hat meine Seele für mich? Die Chinesen sagen, dass das Wesen der Leber der Teil unserer Seele ist, der unsterblich ist. Das wissen wir doch auch, wenn wir sagen, die Augen sind Tor zu unserer Seele, nicht wahr?
Lass uns also in die Zukunft schauen und uns voller Vertrauen anschauen, was kommen darf. Jetzt ist die Zeit, in der das Yang aufsteigt. Mit Yang meinen wir ein Mehr an Helligkeit und Licht, Wärme, Energie, an Sonne. Die Sonne geht früher auf und steht länger am Himmel, erhellt unseren Tag. Sie steigt im Osten auf und wandert von dort in Richtung Westen. Deshalb steht auch der Osten für die Wandlungsphase Holz, für den Neubeginn des Tages.
Viele dieser Dinge wissen wir übrigens auch noch intuitiv, verwenden Redewendungen, die genau darauf hinweisen. Hier eine kleine Sammlung:
auf einen grünen Zweig kommen
Gift und Galle spucken
eine Laus über die Leber gelaufen
Weißt du noch mehr? Schreib mir gerne!
So, ich hoffe, dir hat dieser Ausflug in eine neue Sicht zum Frühling gefallen. Ich freue mich über deine Rückmeldung und wünsche dir ein wunderschönes Frühjahr mit vielen erfrischenden und neuen Einfällen und einigen Impulsen für den Rest des Jahres.
Herzliche Grüße
Anja Keukert
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